Seit heute gibt es das neuste Red Hat Linux 9 auch in Deutsch und in vielen anderen Sprachen. Die englische Version lag bereits seit März vor. Was ist neu?
Nach dem letzten Release, der Version 8.0 legt die amerikanische Softwareschmiede nun gleich Red Hat Linux 9 vor. Scheinbar hat man die Schwächen der vorherigen Version erkannt und deshalb auch keine 8.1 herausgebracht (angeblich gab es eine Beta, die auf den Namen ‘Phoebe’ hörte), sondern einen Strich gezogen und mit ‘Shrike’ ganz neu angefangen. Die neue Distribution umfasst 6 CDs, allerdings brauchen nur Entwickler die CDs 4 bis 6 mit den Quellen.
Die Installation hat sich gegenüber dem Vorgänger nicht verändert, wirkt insgesamt aber noch etwas glatter und einfacher. So wurde zum Beispiel der Mauscursor überarbeitet und kommt jetzt mit Antialiasing daher. Liebe zum Detail, technisch aber nicht viel neues. Keine 3D-Unterstützung für meine Nvidia Grafikkarte, aber das war auch nicht zu erwarten, das das entprechende Kernelmodul Closed-Source ist. Mit LCD-Displays tut sich die automatische Hardware-Erkennung nach wie vor schwer, von Hand konfiguriert läuft aber alles problemlos.
Nach der Installation hat man einen komplett eingerichteten aber sehr aufgeräumten Desktop vor sich. Insbesondere die verwirrende Anordnung der Programme im Startmenü, die es zuvor gegeben hatte, ist jetzt passé und alles findet sich da, wo es sein sollte. Das Red Hat eigene ‘Bluecurve’-Design läßt die Unterschiede zwischen Gnome und KDE verschwinden. Gnome ist wie bei Red Hat üblich die Standardeinstellung. Die Integration der virtuellen Ordner von Gnome (‘Hier starten’,’Systemeinstellungen’) geht unter KDE 3.1 weiter. Ich kann mich schwer entscheiden, letztendlich bleibe ich mal wieder bei KDE, weil mich die neuen “Tabs” (kennt man schon von Mozilla) im Konqueror so begeistern.
Nach der anfänglichen Freude machen sich aber auch Nachteile bemerkbar: Der DVD-Player Xine ist nicht mehr an Bord und XMMS fehlt – aus patentrechtlichen Gründen, wie einem eine freundliche Fehlermeldung beim Öffnen mitteilt – das MP3-Plugin. Beides läßt sich aber problemlos aus dem Netz nachinstallieren.
Ansonsten lässt die Softwareauswahl kaum Wünsche offen: Open Office 1.0.2 sollte für die meisten Anwender mehr als ausreichen. Zum Surfen im Internet stehen Mozilla 1.2.1 und die Browser Galeon bzw. Konqueror der Desktopumgebungen Gnome und KDE zur Verfügung, ebenso wie deren Emailclients Ximian Evolution bwz. Kmail. Von allem also reichlich und die Auswahl der Software bleibt – bis auf Klassiker wie Gimp – dem Geschmack des Anwenders überlassen.
Die Hardware-Unterstützung wurde weiter verbessert. KDE verfügt jetzt über zumindest eingeschränkte Brennerunterstützung, ühnlich wie bei Windows XP kann man sofort CDs brennen. Kabellose Netzwerke oder DSL-Verbindungen lassen sich bequem einrichten, Digitalkameras und USB-Geräte werden besser unterstützt. Für Besitzer der Fritzcard DSL gilt: Die CAPI-Unterstützung ist bei Red Hat bereits seit Version 8.0 im Linux-Kernel enthalten, das Übersetzen der restlichen Module sollte kein Problem darstellen.
Sonst bleibt vieles beim Alten und Altbewährten, so dass der Kenner keine Überraschungen erlebt.
Fazit: Stegige Evolution. Mit der Linux 9 legt Red Hat eine solide Linux-Distribution vor, die die Erwartungen erfüllen kann. Die Versionsnummer scheint im Vergleich zu einer aktuellen SuSE Distribution allerdings etwas zu hoch gegriffen, Schuld daran ist ist wohl die eher schwache Version 8.0. Wer regelmäßig mit dem Red Hat-Tool ‘up2date’ sein System aktualisiert, ist sollte auch jetzt schon auf der ‘sicheren Seite’ sein. Ich habe genau das schon länger nicht mehr gemacht und deshalb werde ich in den nä:chsten Tagen upgraden (momentan benutze ich noch die 7.3 und konnte für diesen Test auch nur mal kurz mit einer englischen 9.0 arbeiten). Dabei empfehle ich allen, die schon viele Veränderungen in ihrem Betriebssystem vorgenommen haben, eine Neuinstallation an stelle eines Updates. Ansonsten gilt wie immer: Never touch a running System!